Die gesetzliche Gestaltung für verantwortungsvollen Rahmen von Glücksspielwerbung ist zahnlos
„Glücksspiel ist kein Kinderspiel“ oder „Zum Glück braucht es Verantwortung“. So, oder so ähnlich, lauten die Werbesätze der Glücksspielbetreiber in ihren Broschüren in Bezug auf Spielerschutz und soziale Verantwortung. Die Spielsucht ist ein sensibles Thema, weshalb es auch im Glücksspielgesetz eine Regelung für die inhaltliche Gestaltung der Werbung gibt. Nur die Umsetzung dieses wichtigen Punktes scheint fragwürdig.
Das Glücksspielgesetz (§56, Anm.) sieht vor, dass Anbieter von legalem Glücksspiel bei der Werbegestaltung einen verantwortungsvollen Maßstab wählen müssen. Diese Regelung dient dem Spielerschutz und soll einerseits bereits bestehende Problemspieler, aber auch Neukunden, schützen. Die Möglichkeiten der Bewerbung von Casino-Angeboten und Online-Glücksspiel sind vielfältig, denn die Werbung dazu ist in Österreich grundsätzlich erlaubt.
Die Bestandteile eines verantwortungsvollen Maßstabes für Glücksspiel
Die Werbung von Glücksspiel sollte grundlegend immer eines vermitteln: Es handelt sich um Glücksspiel, welches süchtig machen kann und bringt daher das Risiko von finanziellen Verlusten mit sich. Anbieter versuchen mit Lockangeboten potenzielle Kunden zu gewinnen, um sie unter anderem auf ihrer Online-Plattform zu einer Registrierung zu motivieren. Der Registrierungsprozess auf einer Website ist sicher eine der größten Hürden, weshalb ein Anlockmittel hier zusätzliche Motivation für den potenziellen Kunden bietet, diese Hürde zu überschreiten. Ist das erst einmal geschafft kann der Spieler einfacher zum weiteren Spielen motiviert werden, etwa durch Einzahlungsbonus-Angebote oder Direktwerbung via E-Mail und SMS, da der Kunde im Zuge der Registrierung meist dem Anbieter gleichzeitig die Erlaubnis gibt, ihm Informationen über diesen Weg zusenden zu dürfen.
So buhlen gezielt Anbieter, mit Gratis-Spielen und Illusionen, um die Gunst von Neukunden.
Österreichische Lotterien werben für Win2day mit besorgniserregenden Methoden
Besonders auffällig ist die Bewerbung der Online-Plattform win2day, die derzeit offenbar besonders in den sozialen Netzen verstärkt ihre Werbepräsenz ausgebaut hat. Die Bewerbung des Angebotes zeigt eine bunte Welt mit Fantasiewesen und Glückssymbolen, und wird dazu noch passend textlich beschrieben: „Begib dich in eine bezaubernde Welt voller Glücksbringer auf win2day“. Ein „Feen-Emoji“ vollendet die Werbung des Glücksspielangebots, die zusätzlich mit dem Angebot von 1.000 Gratis-Spielen lockt und nur noch einen Klick weit entfernt scheint. Folgt man dieser Aufforderung, so finden sich am Ende der Seite, auf die der Benutzer gelangt, in heller Schrift und kleingedruckt die Hinweise, dass die 1.000 Gratis-Spiele nur für Neukunden gelten, die eine Einzahlung von mindestens 1 Euro vornehmen. Es handelt sich also um eine gewisse Irreführung, denn „gratis“ bedeutet, dass der Kunde erstmalig eine Einzahlung mit realem Geld tätigen muss, um die 1.000 Spiele zu erhalten. Interessant ist auch der Hinweis im Kleingedruckten, dass win2day über diese Aktion „keinen Schriftverkehr“ führt. Generell wird das Anlocken von Neukunden mit Gratis-Spielen von Suchtexperten als äußerst kritisch gesehen.
In einer weiteren Werbeanzeige des gleichen Anbieters zeigt das Bild einen Mann mittleren Alters zuhause auf der Couch sitzend, lächelndem Gesichtsausdruck und seinem Smartphone in der Hand, umgeben von Fantasiefiguren und der Werbebotschaft: „Vor Freude weinen? Mit unseren Slots geht das ganz einfach.“.
Für die Casinos Austria ist Werbung „ein Kinderspiel“
Dass seitens des Vereins Spielerhilfe zu erkennen war, dass die Casinos Austria Kinder und Jugendliche in Kontakt mit Glücksspiel bringen, darüber haben wir bereits berichtet.
Dass auch die Casinos Austria versuchen Neukunden zu gewinnen, ist nur logisch. In Supermärkten findet sich in den Regalen mit Geschenkgutscheinen eine zu erwerbende Geschenkkarte für „€ 30,- Jetons und 1 Glas Frizzante“. Das schockierende daran ist die Platzierung der Karte, die anders als die Werbelinie für Spielerschutz der Casinos Austria „Glücksspiel ist ein Kinderspiel“ lauten könnte, denn der Gutschein ist auf Augenhöhe von Kindern platziert.
Mangelnde Kontrolle durch das Finanzministerium
Grundlegendes Recht wird im Gesetz ausgeschlossen
Interessant ist auch der 1. Absatz des Glücksspielgesetzes §56, der ein grundlegendes Recht ausnimmt: Die Werbung für Glücksspiel kann nur über die Aufsichtsbehörde, also das Finanzministerium, kontrolliert werden. Eine mögliche Klage aufgrund UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb) eines Mitbewerbers wird hier als möglicher Weg explizit ausgeschlossen. Das bedeutet also das einzig und alleine das Finanzministerium gegen die Werbungen von Glücksspielunternehmen vorgehen kann. Und dass dies passiert, scheint nicht der Fall zu sein.
Die Glücksspielbetreiber unterliegen bei der Erstellung ihrer Werbeanzeigen einer gewissen Selbstverwaltung. Die Casinos Austria etwa führen auf ihrer Website „Spiele-mit-Verantwortung“ als dritten Punkt ihres 5-Punkte-Programmes an, dass ein wichtiger Punkt des Unternehmens die verantwortungsvolle Werbung darstellt. Ein Widerspruch mit der laufenden Werbung.
Auf Nachfrage bei den Casinos Austria war man bisher nicht bereit dazu eine Stellungnahme abzugeben.
Responsible Gaming, oder: Verantwortungsvolles Spielen
Ein Bestandteil der sogenannten „Responsible Gaming“ Programme der Betreiber, die Spielerschutz bieten sollen, ist auch die Werbung für Glücksspiel.
Bei diesem Thema führt die Studie („Evaluierung der Umsetzung von Spielerschutz in Österreich“, siehe Link weiter oben, Anm.) in Bezug auf verantwortungsvolle Werbung an, dass diese keine irreführenden Angaben beinhalten soll, die übermäßige Betonung von Gewinnen unterlassen werden soll, sowie die Ansicht dass ein Verbot von Gratisspielangeboten für die Gewinnung von Neukunden gelten sollte, als wichtig an.
Und trotzdem sieht das Finanzministerium, konkret die Stabsstelle für Spielerschutz, dabei zu, wie die Casinos Austria Gruppe entgegen der Expertenmeinungen Punkte daraus in ihren Werbungen voll ausspielen. Ein weiterer Beleg dafür, dass Spielerschutz in Österreich in weiten Teilen nur in der Theorie und am Papier existiert, in der Praxis jedoch nicht zur Anwendung kommt.