Spielerschutz ist nicht gleich Spielerschutz. Die reale Lage in Österreich betreffend funktionierender Schutzmechanismen Spielsüchtiger ist besorgniserregend.

Österreichische Glücksspielanbieter betonen oft und gerne, wie wichtig ihnen der Spielerschutz ist. Betrachtet man die Schutzmechanismen einzelner Betreiber im Detail, fällt relativ schnell auf: Um den Spielerschutz ist es nicht gut bestellt.

Die aktuelle Situation ist nicht zufriedenstellend

Der Begriff „Spielerschutz“ wird von einzelnen Glücksspielbetreibern schon so häufig in den Mund genommen, dass es beinahe kitschig wirkt. In TV-Spots, auf den Webseiten der Betreiber im Internet, in vielen veröffentlichten Interviews in den diversen Medien und auch auf den Fachmessen. Spielerschutz scheint auf den ersten Blick einen unübersehbar hohen Stellenwert bei den Betreibern bekommen zu haben. Spielerschutz ist etwas Gutes. Es geht um soziale Verantwortung. Doch was steckt drinnen, in der Packung „Spielerschutz“?

Nachdem wir uns intensiv und tiefgehend mit diesem Thema beschäftigt haben, konnte nach Studieren der einzelnen Spielerschutz-Vorkehrungen sehr schnell festgestellt werden, dass es sich dabei mehr um ein Greenwashing der Branche handelt. Denn die Schutzmechanismen haben in Summe eines gemeinsam: Sie bieten letztendlich keinen effektiven Schutz für Spielsüchtige.

Wie anerkannte Experten den äußerst mangelhaften Spielerschutz als gut verkaufen

Das Anton Proksch Institut ist zweifelsohne bekannt für sein langjähriges Bestehen und das Behandeln von Spielsüchtigen. Der Leiter der Abteilung III, welche auch für das Thema Spielsucht verantwortlich ist, ist laut Webseite des Anton Proksch Institutes Herr Prim. Dr. Roland Mader. Im Jahr 2008 gab Mader ein Interview auf der Webseite des ORF.

Er sah damals das „Kleine Glücksspiel“ als Hauptproblem bei der Bekämpfung der Spielsucht, da es dort nicht so strenge Kontrollen gibt. Besser gesagt gab, denn seit spätestens 2015 gibt es auch beim kleinen Glücksspiel die verpflichtenden Spielerkarten zur Identifikation der spielenden Gäste. Das kleine Glücksspiel wurde außerdem in Landesausspielungen umgetauft.

Spielautomaten außerhalb der Casinos sind gefährlicher

Brisant ist die Aussage von Mader, erschienen in einer APA Presseaussendung der Casinos Austria, wo er im Rahmen einer Casinos Austria-Veranstaltung zu Wort gibt: „Spielautomaten, und zwar jene außerhalb von Casinos, bergen nach Meinung anerkannter Experten das mit Abstand größte Suchtpotenzial“.

Casinos Austria Responsible Gaming Tagung

Prim. Dr. Roland Mader vom Anton Proksch Institut bei der von den Casinos Austria organisierten Veranstaltung Responsible Gaming Academy 2008. Foto: Achim Bieniek/Österreichische Lotterien

Richtungswechsel

Demnach stufte Mader 2008 die Spielautomaten, wohlgemerkt die selben Geräte wie auch bei den Landesausspielungen, als weniger suchtrelevant ein. Dabei sind Spielautomaten generell höchst suchtgefährdend, was an der schnellen Spielabfolge liegt. In einem Radiointerview gegenüber dem Sender Radio France International sagte Mader im Juli 2020, dass der Spielerschutz in Österreich gut funktioniere, Problem seien jedoch die internationalen Online-Anbieter von Glücksspiel, die über keine Konzession verfügen. (Anmerkung: der Casinos Austria-Ableger win2day ist der einzige vom Finanzministerium konzessionierte Online-Anbieter in Österreich)

Weshalb Mader vom Anton Proksch Institut nunmehr die legalen Automatensalons nicht mehr als problematisch einstuft ist unklar. Eine entsprechende Frage diesbezüglich bei der Pressestelle des Institutes blieb unbeantwortet.

In den Jahren 2016 bis 2018 erhielt das Anton Proksch Institut außerdem eine stattliche finanzielle Zuwendung eines Betreibers von Automatensalons. Einem Unternehmen der Novomatic-Gruppe, der Admiral.

Screenshot/Auszug aus dem Bericht -Spenden der Konzessionäre- des Finanzministeriums

Screenshot/Auszug aus dem Bericht -Spenden der Konzessionäre- des Finanzministeriums

60.000 Euro jährlich erhielt das Anton Proksch Institut von der Admiral Casinos & Entertainment AG. Dies steht im Bericht über die Spenden der Konzessionäre des Finanzministeriums. Außerdem ist das Anton Proksch Institut seit mehreren Jahren, mindestens jedoch seit 2011, für das Thema der Ausbildung zum Spielerschutz bei der Novomatic zuständig. Dies belegt ein von Novomatic veröffentliches Magazin, in dem die enge Zusammenarbeit zwischen dem Institut und der Novomatic hervorgehoben wird. Wir wollten vom Anton Proksch Institut unter anderem wissen, ob die nunmehr enge Zusammenarbeit mit Novomatic Grund sei, dass die Spielautomaten in ihren Automatensalons von Mader als nicht mehr problematisch angesehen werden.

Das Anton Proksch Institut arbeitet eng mit Novomatic zusammen.

Das Anton Proksch Institut arbeitet eng mit Novomatic zusammen. Quelle: Screenshot Novomatic Magazin

Auf Nachfrage beim Anton Proksch Institut gab man bekannt: „Beim Anton Proksch Institut handelt es sich um eine gemeinnützige Sonderkrankenanstalt, welche über 60 Jahre Erfahrung in der Beratung und Behandlung suchtkranker Menschen hat.

Die ambulante und stationäre state of the art Behandlung unserer Patientinnen und Patienten sowie deren Schutz – insbesondere auch der SpielerInnenschutz – haben für uns oberste Priorität.

Glücksspielanbieter wie Novomatic sind gesetzlich dazu verpflichtet, Fortbildungen zum Thema SpielerInnenschutz für ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durchzuführen. Ausschließlich in diesem Rahmen kooperiert das Anton Proksch Institut mit dem genannten Unternehmen. Alle darüber hinaus von Ihnen in den Raum gestellten Formen der Zusammenarbeit sind schlichtweg falsch.“

In welchem Zusammenhang die Spenden der Novomatic-Tochter Admiral mit den gewöhnlichen Fortbildungen stehen, oder wie die Aussagen von Mader bezüglich Suchtpotenzial von Spielautomaten innerhalb sowie außerhalb der Casinos zu werten sind, wollte man nicht beantworten.

Große Lücken beim Spielerschutz

Tatsächlich gibt es grundlegend große Lücken beim derzeitigen Spielerschutz, die äußerst dringend geschlossen gehören. Beispielsweise verschleppt das österreichische Finanzministerium seit mehr als 10 Jahren ein bereits im Gesetz festgelegtes Konzept. Die zentrale Sperrdatenbank, übergreifend für Spielsperren über alle Betreiber, wurde bis heute nicht umgesetzt. Denn derzeit hat eine Sperre eines Spielteilnehmers bei einem einzelnen Betreiber keine Auswirkungen auf seine Zutrittsmöglichkeiten bei allen anderen Betreibern. Dies bietet absolut keinen effektiven Schutz vor weiteren Spielverlusten, ein realer Schutzmechanismus ist so nicht gegeben. Spielerschutz-bedingte Besuchsbeschränkungen sind ebenso völlig ineffizient, wie wir bereits berichtet haben.

Problematische Spieler werden so nicht effizient genug geschützt.

Interessenskonflikt bei Betreibern

Die Betreiber selbst stehen tagtäglich nach Meinung des Vereins Spielerhilfe beim Spielerschutz in einem Interessenskonflikt. Einen Spieler zu beschränken oder zu sperren, bedeutet gleichzeitig Einnahmen zu verlieren. In der Realität wird laut unserer Erfahrung oft viel zu lange zugesehen, bis der Spielerschutz aktiv wird. Denn schließlich will der Betreiber Geld mit seinen Kunden verdienen. Und dies wohl auch solange wie möglich. Bei der Casinos Austria-Tochter winwin musste ein Spieler beinahe 90.000 Euro verspielen, bis der Betreiber erstmalig im Zeichen des Spielerschutz aktiv wurde.

Novomatic & Admiral Veranstaltung

Novomatic & Admiral Veranstaltung, bei der auch Mag. Alice Schogger, Leiterin der Stabsstelle für Spielerschutz beim Finanzministerium, teilnahm. Quelle: Screenshot Novomatic Webseite

Interessenskonflikt im Finanzministerium

Beim Finanzministerium ist man ebenfalls davon überzeugt, dass Spielerschutz in Österreich ganz gut funktioniert. Doch auch das Finanzministerium steht selbst in einem Interessenskonflikt: Das Ministerium ist jene Stelle, wo das Geld der Steuern durch Glücksspiel hinfließt und gleichzeitig Kontrollorgan und Aufsicht, sowie zuständig für die Vergabe von Glücksspielkonzessionen. Weiters ist dort auch die zuständige Stabsstelle für Spielerschutz angesiedelt. Eine ganz und gar nicht ideale Zusammensetzung. Somit ist das Finanzministerium lizenzvergebende Stelle, Glücksspielsteuer einnehmende Stelle und zeitgleich kontrollierende Stelle für die Glücksspielbetreiber, sozusagen die Polizei im eigenen Haus.

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