Werbung soweit das Auge reicht. Die Glücksspiel-Werbung in Österreich ist laut Ansicht der Spielerhilfe schon lange völlig außer Kontrolle geraten. Bei durchgeführten Recherchen entdeckte der Spielerschutz-Verein verdeckte Werbung in vielen österreichischen Medien und brachte diese zur Anzeige. Teil eins zum Thema Glücksspielwerbung.
Verantwortungsvoller Maßstab
Die Werbung für Glücksspiel ist in Österreich schwammig geregelt. Im Glücksspielgesetz wurde ein „verantwortungsvoller Maßstab“ dafür definiert. Das bedeutet, dass Glücksspielwerbung nicht überschießend, oder keine übertriebenen Gewinnversprechen enthalten darf. Aber auch der Jugendschutz ist Teil dieser Vorgabe. Kontrolliert wird die Werbung vom Bundesministerium für Finanzen von der Stabsstelle für Spielerschutz. Laut Beantwortung einer Anfrage an das Ministerium kommt es hier zu einem laufenden Austausch mit den Glücksspiel-Betreibern und es werden die Werbelinien durchgesehen und besprochen. Eine genaue Definition für die Werberichtlinien exstiert nicht, der verantwortungsvolle Maßstab ist so Auslegungssache des Finanzministeriums.
Etwaige Verstöße können auch nur von jenem Ministerium geahndet werden. Klagen von Mitbewerbern oder generell dritter Seite etwa sind unzulässig. Dabei muss sich das Ministerium die Kritik gefallen lassen, dass es bei den Kontrollen der Werbung äußerst lasch ist. Denn: Wie bereits berichtet ist diese teils fragwürdig formuliert und in äußerst großem Ausmaß laufend sichtbar. Insbesondere auch für Jugendliche. An Tankstellen, Supermärkten und Post-Filialen werden Reklamen so intensiv angebracht, dass man gar nicht an ihnen vorbeikommt. Dieses Vorgehen ist förderlich für den Umsatz von Glücksspielen, für den Spielerschutz jedoch sicher nicht.
Verdeckte Werbung
Die Spielerhilfe entdeckte in diversen österreichischen Medien auffällig werbliche Artikel für Glücksspiel. Für die Österreichischen Lotterien und die Casinos Austria. Dabei kommt es zu überzogenen Botschaften: Vermittelt wird der Eindruck, mit nur sehr geringem Einsatz (75 Cent, 1 Euro), in sehr kurzer Zeit (nach 2 Minuten) oder durch einen „spontanen“ Casino-Besuch reich geworden zu sein. Hunderttausende Euro, mehrere Millionen. Die Palette der Botschaften ist sehr vielfältig. Und diese motivieren Menschen zur Teilnahme am Glücksspiel. „Es kann sich dabei nur um verdeckte Werbung handeln„, zeigt sich der Sprecher der Spielerhilfe, Christoph Holubar, überzeugt.
Die gefundenen Artikel haben eines gemeinsam: Sie sind als redaktionell gekennzeichnet, obwohl es sich aber laut Ansicht des Spielerschutz-Vereins eindeutig um verdeckte Werbung handeln muss. Eine Kennzeichnung als „Anzeige“, „Werbung“ oder „Bezahlte Anzeige“ fehlte in den gefundenen Artikeln völlig. Oftmals handelt es sich bei den Beiträgen um vorgefertigte Texte, die zuvor als Pressetext der Glücksspielbetriebe ausgesendet wurden. Die Redaktionen übernehmen diese, ohne die Werblichkeit auszuweisen. Der redaktionelle Mehrwert fehlt in den meisten Fällen völlig. Die Konsumenten werden so in die Irre geführt.
Screenshots von erschienen Artikeln auf heute.at
Rund 100 Anzeigen eingebracht
Deshalb brachte der Verein Spielerhilfe rund 100 Anzeigen gegen die jeweiligen Medien, sowie gegen die Österreichischen Lotterien und Casinos Austria ein. Eingebracht wurden sie bei den jeweils zuständigen Bezirkshauptmannschaften, Landespolizeidirektionen, dem Presserat und dem Bundesministerium für Finanzen als Aufsichtsbehörde. Laut Ansicht der Spielerhilfe handelt es sich bei der verdeckten Werbung um eine Übertretung nach dem Mediengesetz, laut dem es nach §26 Abs. 1 zur Kennzeichnung entgeltlicher Einschaltungen kommen muss.
Selbst dann, wenn es explizit für diese Beiträge keine entgeltliche Leistung gab, ist davon auszugehen, dass aufgrund der laufenden Werbepartnerschaft mit den jeweiligen Medien diese Berichterstattung Teil eines Gesamtpaketes ist. Für die angezeigte Verwaltungsübertretung haftet grundsätzlich das jeweilige Medium selbst. Die rechtliche Vertretung der Spielerhilfe geht jedoch von einem gewissen Vorsatz durch die Österreichischen Lotterien oder die Casinos Austria aus.
Pressekonferenz im April 2023
Bereits im April 2023 wurden im Rahmen einer Pressekonferenz der Spielerhilfe die Anzeigen eingebracht. Kurz danach wurden noch weitere Anzeigen nachgereicht. Laut aktuellem Stand handelt es sich um rund 100 Anzeigen gegen diverse Medien, wobei „Heute“ und „Krone“ mit Abstand die meisten verdeckten Werbungen zum Vorschein brachten. Angezeigt werden können lediglich Beiträge, die innerhalb der letzten zwölf Monate erschienen sind. Die Lage bleibt weiterhin kritisch, denn es erscheinen fast täglich weitere Artikel in ähnlichem Stil, ohne jegliche werbliche Kennzeichnung. Für alle Genannten gilt die Unschuldsvermutung. Die Spielerhilfe bleibt hier dran. Im nächsten Teil dieser Berichterstattung werden weitere Details dazu veröffentlicht.
Hier das vollständige Video zum Thema der verdeckten Werbung, aus der Pressekonferenz der Spielerhilfe: