LINZ. Nach 59 Anzeigen gegen den Casinobetreiber Amatic wegen des Verdachts der Verstöße gegen den Spielerschutz hat ein ehemaliger Süchtiger über die Situation in den Lokalen gesprochen.
Dabei stützt der 35-jährige Oberösterreicher die Vorwürfe der Spielerhilfe, die die Anzeigen im Februar eingebracht hat. „Es ist ein Wahnsinn, die haben eine Lizenz für Österreich, aber halten sich an gar nichts“, sagte der Mann, der anonym bleiben möchte.
Der Mann begann nach lebenslänglichen Sperren bei den Casinos Austria und WINWIN 2021 in den niederösterreichischen Lokalen von Amatic unter der Dachmarke Mysino zu spielen. „Ich bin in der Nacht aufgestanden und mehrere 100 Kilometer nach Niederösterreich gefahren, um zu zocken“, sagte er. Bei Amatic ließ sich der Familienvater im März 2022 „auf unbestimmte Zeit sperren“, konnte die Sperre nach nur einem Monat jedoch wieder problemlos auflösen, wie ein Blick in seine Spielerauskunft zeigt. Insgesamt verlor der 35-Jährige während seiner 24 Besuche rund 30.000 Euro. Dann ließ sich der Oberösterreicher lebenslänglich sperren. Seither befindet er sich in Therapie und bezeichnet sich selbst heute als nicht mehr süchtig.
Brandgefährlich
Für Betroffene sei das Verhalten des Automatenherstellers brandgefährlich, sagte er über seine Erfahrungen mit dem oberösterreichischen Glücksspielunternehmen. „Als ich meine Sperre wieder aufheben lassen wollte, wurde ich gefragt: ‚Können Sie sich das leisten?'“ Er habe daraufhin gelogen. „Was wird ein schwer Süchtiger antworten, der bei nur mehr einem Betreiber spielen kann?“ Solche Rückfragen dienten rein dem Alibi des Unternehmens. „Die sehen ja schließlich auf den Zugangskarten, wie viel Verluste ich schon gemacht habe.“
Dass man in den Lokalen zudem ungehindert rauchen könne, sei ein weiteres Problem. „Natürlich bleibt man länger, wenn man dort qualmen kann“, sagte er und verwies darauf, dass er selbst schwerer Raucher sei. Kostenloses Essen und Getränke in den Lokalen würden zusätzlich dafür sorgen, dass Spieler in einen echten Rausch verfallen würden. „Wenn ich drei Toasts bestellt habe, dann habe ich die auch bekommen – gratis. Das fördert das Ganze natürlich.“ Heute hinterfragt der 35-jährige Servicetechniker die Industrie. „Die haben eine Lizenz, aber halten keine Regeln ein. Wozu gibt es dann eine Lizenz?“, so sein Tenor.
Verzweigtes Firmennetzwerk
Amatic betreibt über ein verzweigtes Firmennetzwerk Automatensalons an 35 Standorten in Kärnten, der Steiermark und Niederösterreich. Die Spielerhilfe brachte zuletzt 59 Anzeigen gegen den Automatenhersteller und Casinobetreiber bei den zuständigen Behörden und dem Finanzministerium ein.
Verdeckte Kontrollen
Zudem geht es in den Anzeigen um Verletzungen des Nichtraucherschutzes und des Spielerschutzes. Spielerhilfe-Sprecher Christoph Holubar berief sich dabei auf verdeckte Kontrollen, die der Verein im Vorjahr und heuer durchführte. Dabei hätten die Kontrolleure unter anderem Raucherkabinen, Aschenbecher, ein kostenloses Gastro-Angebot, unsichere Sperrmechanismen, fehlende Zutrittskontrollen und weitere Verstöße entdeckt. Holubar sprach jüngst auf einer Pressekonferenz von einem „verheerenden Ausmaß“ und verwies auf Studien über einen Zusammenhang zwischen Rauchen und Spielsucht. Demnach sei ein Rauchverbot ein probates Mittel gegen problematisches und pathologisches Spielen.
Amatic stellte laut Spielerhilfe mittlerweile die Bewerbung des kostenlosen Gastro-Angebots in den Lokalen ein. „Wir aktualisieren ständig unsere Homepage um unsere Kunden aktuell zu informieren, sowie das auch jedes andere engagierte Unternehmen macht“, sagte Robert Laimer, Geschäftsführer der Amatic Entertainment AG sowie der Panther Gaming Enterprise AG zur APA. Die Inhalte der Gespräche rund um Aufhebungen von Selbstsperren seien als Teil des Schutzkonzeptes von Amatic für Spieler nicht für die Öffentlichkeit gedacht, hieß es weiter. „Alle unsere Kunden, die eine aktive Selbstsperre aufheben möchten, müssen diesbezüglich einen Antrag auf Aufhebung stellen. Dieser wird von unserer Spielerschutzbeauftragten bearbeitet und im Zuge dessen werden auch Gespräche, telefonisch und/oder auch persönlich, geführt.“ Die erhobenen Vorwürfe zum Online-Glücksspiel beträfen weder die Amatic Entertainment AG noch die PG Enterprise AG, hieß es weiter.
Laut Angaben der Spielerhilfe sind österreichweit rund 90.000 Menschen abhängig. Die Dunkelziffer werde jedoch bedeutend höher geschätzt, hieß es. Die NEOS brachten Anfang der Woche eine parlamentarische Anfrage an das Finanzministerium sowie das Ministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend „Mangelndem Spielerschutz“ ein.
Titelbild: colourbox/Symbolfoto/nachrichten.at, der Original-Artikel erschien bei den Oberösterreichischen Nachrichten (APA).