Ein kleiner Spielerschutz-Verein wirbelt eine ganze Branche auf
Die Zeiten waren schon einmal einfacher. Bis zum Erscheinen des Ibiza-Videos hatte die Novomatic ihre mediale Ruhe. Die Casinos kamen mit dem vermeintlichen Postenschacher zum Vorstand Sidlo ins mediale Gewitter.
Bis vor kurzer Zeit konnten beide Unternehmen das Geld ihrer spielsüchtigen Kunden gänzlich ohne große Aufmerksamkeit in ihre „Geldsäcke stecken“, ohne dabei unangenehmen Fragen ausgesetzt zu sein.
Ein kleiner Spielerschutz-Verein aus Oberösterreich tischt genau diesen mächtigen Unternehmen – und somit einer ganzen Branche – ein unangenehmes Thema auf: Zwecks gutem Spielerschutz wäre es gewesen.
Harte Arbeit
Wie es zur Arbeit eines Mediums wie der Spielerhilfe gehört, müssen vor Veröffentlichung konkreter Verfehlungen und Nennung von Unternehmens- und Personen-Namen im Hintergrund Anfragen zu Stellungnahmen erfolgen. Dabei wird den Betroffenen die Möglichkeit eingeräumt, sich vorab dazu zu äußern, was ebenso im zu erscheinenden Artikel eingebaut wird. Diese Medien-Richtlinie hält die Spielerhilfe selbstverständlich ein.
Über die letzten knapp 2 Jahre versendeten wir in Summe hunderte solcher Anfragen. Doch so gut wie alle blieben unbeantwortet. Sehr schnell wurde sichtbar, wie sehr die Arbeit im Bereich Spielerschutz die handelnden Personen in Angst und Schrecken versetzt. Reaktionen blieben meist aus. Gab es eine Reaktion, dann waren es meist sogenannte Leerantworten. Beispielsweise, dass aufgrund Datenschutz keine Antwort dazu gegeben werden kann, „Spielerschutz aber ein sehr wichtiges Anliegen ist“.
In einer vorerst zweiteiligen Serie veröffentlichen wir die besten Nicht-Antworten.
Unbequeme Fragen
Im Zuge von Recherchen und Konfrontationen einzelner Fälle bei den verantwortlichen Personen wurde sehr schnell sichtbar, wie unerwünscht die Anwesenheit des Spielerschutz-Vereines ist. Auch das Finanzministerium vermittelte dem Verein das Gefühl, nicht besonders gesprächig betreffend Spielerschutz sein zu wollen.
Bei einer Anfrage an die zuständige Person für Spielerschutz, Mag. Alice Schogger, offerierten wir einen gemeinsamen Termin, bei dem wir aktuelle Verstöße und Verbesserungsmöglichkeiten beim Spielerschutz präsentieren wollten. Die Absage ließ nicht lange auf sich warten:
„[…] besteht aus derzeitiger Sicht kein Bedarf.“
Was haben Novomatic-Admiral, Casinos Austria und die Lotterien gemeinsam?
Wie kann ein nicht effektiver Spielerschutz nach außen hin beworben werden? Indem man sich Fake-Zertifikate einkauft. So geschehen bei der Novomatic-Tochter Admiral und den Casinos Austria sowie Österreichischen Lotterien. Die Leitbetriebe Austria zeichneten diese Unternehmen für Spielerschutz aus. Dies, obwohl die Leitbetriebe Austria über kein Fachwissen darüber verfügen.
Entsprechende Anfragen an Admiral, die Casinos Austria Gruppe sowie die Geschäftsführerin der Leitbetriebe Austria, Mag. Rintersbacher, verliefen ins Leere. Ein telefonischer Rückruf-Wunsch durch Leitbetriebe Austria, Casinos Austria und Admiral wurde nicht erfüllt und der Pressesprecher der Leitbetriebe Austria, Thomas Brey, teilte letztlich telefonisch auf Nachfrage mit, dass es – trotz vorheriger Ankündigung einer Stellungnahme per E-Mail –
„[…] weder mündlich, noch schriftlich, eine Stellungnahme geben wird.“
Spielerschutz-Zertifikate durch „Familie Remmers“
Ein weiteres „Zertifikat“ für Spielerschutz der Casinos Austria wird von der European Casinos Association, einer Interessenvertretung europäischer Glücksspielunternehmen, verliehen. Inhaltlich dafür verantwortlich ist Pieter Remmers, der das Konzept dafür ausgearbeitet hat. Er war telefonisch ebenso nicht erreichbar. Die Anfragen per E-Mail und WhatsApp blieben unbeantwortet. Dafür blockierte Remmers gleich 2 Telefonnummern des Vereins, nachdem er eine WhatsApp erhalten hatte. Sein Sohn Ynze Remmers ist übrigens für die Zertifizierung dieser Spielerschutz-Auflagen verantwortlich, für die Novomatic-Tochter Admiral, welche ihr Zertifikat über die „G4“ erhält.
Die Branche hat sich also offenbar gedacht: wenn wir schon keinen effektiven Spielerschutz haben, dann gestalten wir es öffentlich zumindest so, damit es toll aussieht. Denn die Zertifikate und ihre Prüfungsinhalte sind nicht effektiv genug um spielsüchtige Personen tatsächlich zu schützen.
Nicht-Antwort-Spitzenreiter Casinos Austria
Den ersten Platz aller Nicht-Antworten belegen glasklar die Casinos Austria. Mehr als fünfzig solcher Medienanfragen übermittelten wir bisher per E-Mail, WhatsApp und Telefon. Antwort gab es keine einzige. Die Generaldirektorin Bettina Glatz-Kremsner las zwar umgehend die übermittelten WhatsApp-Nachrichten, wollte sich bis heute aber nicht zum Thema der Automaten-Manipulation, fehlendem Spielerschutz oder anderen Themen äußern. Stattdessen blockierte Glatz-Kremsner mittlerweile die Telefonnummern der Spielerhilfe, um keine weiteren Medienanfragen mehr bekommen zu können.
Gegenüber anderen Medien, die über die Spielerhilfe berichteten – etwa das Online-Medium ZackZack.at – gab der Pressesprecher der Casinos Austria Patrick Minar eine Stellungnahme ab, um den Spielerschutz-Verein öffentlich zu diskreditieren. Der Verein „verbreite Halbwahrheiten und Falschinformationen“, so Minar in einer Stellungnahme gegenüber ZackZack.at.
Was die Casinos Austria jedoch wissen: Für alle bisher aufgestellten Behauptungen hat der Spielerschutz-Verein entsprechende Beweise vorliegen. Eine direkte Kommunikation mit der Spielerhilfe wird abgelehnt, wohl um eine größere Aufmerksamkeit auf unsere Arbeit zu vermeiden.